#32 Bonus: Ja oder Nein?

Sind Bonuszahlungen sinnvoll? Eine Bonus soll Mitarbeiter motivieren umsatzstärker und besser zu arbeiten? Was könnte dieser Hypothese widersprechen? Lerne hier 7 Gründe kennen, die gegen eine Bonuszahlung sprechen könnten.

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In meiner Zeit bei Lizza haben Matthias und ich uns immer wieder mit dem Thema “Boni für den Vertrieb” beschäftigt. Wir haben das Thema so oft diskutiert und genauso oft wieder verworfen. 

Im Jahr 2016 stellten wir einen Mitarbeiter im Performance Marketing ein. Uns wurde von Freunden und Bekannten berichtet, dass die Arbeit im Vertrieb on- und offline mit Bonuszahlungen läuft. Wir wollten diesen Standard beibehalten und entschieden uns die Leistung des neu eingestellten Mitarbeiters im Unternehmensinteresse zu incentivieren. Für einen “Umsatz X” sollte er einen “Bonus Y” unter Einhaltung von “Z Cost-per-order” erhalten.

Es hat sich von Anfang an nicht wirklich richtig für uns angefühlt, dennoch wollten wir es ausprobieren. Wir entschieden uns deshalb die Vertriebler on- und offline zu incentivieren. Dies führte dazu, dass die Vertriebler zunächst effektiver arbeiteten, da sie von dem Gedanken, den Bonus zu ergattern angetrieben wurden. Andererseits führte dies auch zu Reibungen und einem hohen Druck im Team.

Wir versuchten dieses Bonus-System auch auf andere Abteilungen wie z.B. das Marketing anzuwenden. Das Gefühl, dass wir kein faires und richtiges Bonus-System aufgestellt haben, verfolgte uns jedoch auch hier weiterhin. In Summe sank die Gewinnspanne, das Bonussystem musste aufgrund sich schnell entwickelnder Veränderungen x-fach angepasst und überholt werden. Hier stellte sich für uns vor Allem das Problem wie man dem Mitarbeiter erklärt, dass der vereinbarte Bonus geändert werden muss? Und wie erklärt man allen anderen, die auch mitarbeiten und den Unternehmenserfolg fördern, dass sie keinen Bonus erhalten?

Nach ca. 2 Jahren entschlossen wir uns vollständig gegen das Bonus-System und kehrten zurück zu den Festgehältern. Dafür haben wir von Investorenseite, als auch von vielen befreundeten Gründern oft fragwürdige Blicke geerntet. Für uns hat sich die Hypothese “Mehr Wachstum durch Boni” einfach nicht verwirklichen können.

Warum macht ein Bonus keinen Sinn?

Auf LinkedIn habe ich einen interessanten Post von Nils Pflaeging entdeckt: https://www.linkedin.com/pulse/abolish-bonuses-way-around-niels-pflaeging/

Er benennt 7 Gründe, die gegen ein Bonus-System sprechen. Ich stimme ihm vollkommen zu und möchte deshalb näher auf diese Gründe eingehen.

Grund Nr. 1: Schwierige Zieldefinition

Die Zieldefinition gestaltet sich vor allem im Startup im Zusammenhang mit einem Bonus-System sehr schwierig. Im Startup wandeln sich Ziele immer wieder und müssen angepasst werden. Entscheidet man sich für ein Bonus-System muss man sich fragen, ob es wirklich eine geeignete Zieldefinition auf persönlicher oder Teamebene gibt? Wie genau sollte der Bonus definiert sein? Worauf legt man den Fokus, was priorisiert man und wo macht man Kompromisse? Schlussendlich heißt es Wachstum vs. Gewinn vs. Team-Happiness vs. Fairness vs. Long-term? Dies muss gut überlegt sein, damit es am Ende für alle fair ist.

Grund Nr. 2: Keine echte Ambition

Als Gründer bzw. Geschäftsführer wird man regelmäßig sehr hohe ambitionierte Ziele verfolgen wollen. Als Mitarbeiter hingegen verfolgt man eher gemütlichere Ziele. Dieser Gegensatz führt in der Regel oft zu langen Diskussionen über “ambitionierte Ziele aus der Perspektive des Geschäftsführers” und dem Begehren des Mitarbeiters niedrigere Ziele zu setzten. Die Zielvereinbarung resultiert dadurch in einen Kompromiss und gerade nicht in eine Leitlinie, die es gemeinsam zu erreichen gilt.

Zudem begegnet man immer wieder dem Phänomen, dass Mitarbeiter im Bonus-System immer nur so lange ambitioniert und ehrgeizig arbeiten, bis das für die Erreichung des Boni definierte Ziel erreicht ist. Danach erlebt man eine deutliche Abnahme der Motivation, darüber hinaus weiterhin ambitioniert zu arbeiten.

Grund Nr. 3: Unklare Leistungsattribution

Im Bonus-System wird meist ein Mitarbeiter für seine Leistung belohnt. Hier stellt sich immer wieder die Frage danach, ob auch wirklich dieser eine Mitarbeiter für den Erfolg bzw. die Zielerreichung verantwortlich ist oder, ob es nicht eher an der guten Zusammenarbeit des Teams lag? Ein gewisser Zweifel ist in dieser Hinsicht immer gegeben.

Grund Nr. 4: Kampf um Kapazitäten

Ein Bonus-System verleitet Mitarbeiter dazu “egoistisch” zu arbeiten, denn jeder verfolgt das Interesse sein Ziel zu erreichen um den Bonus ergattern zu können. Dies führt im Team zu Unstimmigkeiten und dem Kampf um Kapazitäten. Wo hingegen es viel sinnvoller und effektiver wäre im Team darüber nachzudenken, was für das Unternehmen am sinnvollsten ist, wenn die Kapazitäten begrenzt sind.

Grund Nr. 5: Mitarbeiterbeurteilung

Im halbjährlichen bzw. jährlichen Mitarbeitergespräch wird es schwer sein ein konstruktives Feedback an den Mitarbeiter weiterzugeben. Während das Mitarbeitergespräch dazu dienen soll, dass sich dieser weiterentwickelt, sich hier und da verbessert, wird er nach Rechtfertigungen suchen, die ihm seinen vollen Bonus gewähren.

Grund Nr. 6: Fehlende Agilität

Bonuszahlungen sind regelmäßig für einen bestimmten Zeitraum festgelegt (6 oder 12 Monate). Gerade für das Startup als agiles Unternehmen, das sich ständig neu ausrichtet und neue Ideen schnell ausprobieren will, funktionieren solche festen Zeiträume nicht. Die Zielrichtung und auch das Team ändert sich immer wieder. Es wird schwer sein gegenüber dem Mitarbeiter zu argumentieren, weshalb sich der zuvor vereinbarte Bonus nun ändern soll.

Grund Nr. 7: Nicht über den Tellerrand hinaus

Im Bonus-System werden Mitarbeiter incentiviert nur bis zu einem bestimmten Punkt zu schauen. Die Kreativität und die Bereitschaft über den Tellerrand hinaus zu blicken werden nicht gefördert und sinken deutlich. Dies geschieht automatisch, wenn das zu erreichende Ziel monetisiert wird. Dies ist gerade für neue innovative Unternehmen fatal. Das Startup lebt nahezu davon, dass Mitarbeiter neue Ideen und Ansätze ins Team bringen.

Zusammenfassung

Die Idee eines Bonus-System mag zunächst als sinnvoll und gut erscheinen. Wissenschaftliche Experimente bestätigen, dass Menschen mehr Leistung und Engagement aufzeigen, wenn sie dafür belohnt werden. 

Doch in der Praxis lässt sich diese wissenschaftliche Erkenntnis nicht bestätigen. Das Bonus-System funktioniert einfach nicht, angesichts der Komplexität eines Unternehmens. Boni sind kaum sinnvoll zu definieren, lassen Mitarbeiter nur so lange effektiv arbeiten, bis das Ziel erreicht ist, führen zu ineffizientem Unstimmigkeiten um Ressourcen, schaffen Einzelkämpfer, lenken von der persönlichen Entwicklung ab, schränken die Agilität ein und töten Kreativität. Viele Gründe, die absolut gegen ein Bonus-System sprechen.

Fazit

Jetzt kennst du 7 gute Gründe, die gegen ein Bonus-Sytstem sprechen und kannst dies bei deiner nächsten Neueinstellung berücksichtigen.

 

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