#49 Dafür verbrennen alle Gründer zu viel Geld

Wofür geben Gründer eigentlich ihr Geld aus? Gerade zu Beginn neigt man dazu viel zu investieren. Doch ist es immer sinnvoll oder lohnt es sich doch einmal genauer hinzuschauen? Lerne hier die Top 5 Geldschleuder kennen und vor allem in welche Wachstumshebel du stattdessen investieren solltest.

1. Hiring

Matthias und ich haben in unserer frühen Startup-Phase bei Lizza sehr mit einem Chief Technology Officer (CTO) geliebäugelt - also zu deutsch, einem technischen Leiter. Wir hatten einen Berg an Arbeit vor uns und keine wirkliche Struktur in unserem System und unseren Prozessen. Es hat zwar alles irgendwie funktioniert, aber der Gedanke, dass uns dabei jemand unterstützt, Ordnung in das System bringt, Prozesse auch für die Zukunft strategisch plant, hat es uns einfach angetan.
Leider mussten wir dann feststellen, dass das ganze einen stolzen Preis hat. Ganze 120.000 € Festgehalt verlangte der CTO. Wir beschlossen dies also mit unseren Investoren zu besprechen und trafen schnell auf ein “nein”. Unsere Investoren lehnten unsere Anfrage mit der Begründung “ihr könnt euch das nicht leisten” ab. Zum damaligen Zeitpunkt hätte es unser komplettes Mitarbeiterbudget gesprengt. Außerdem machten sie uns klar, dass der CTO vermutlich nicht so gut in unser Team passen würde. Fachkräfte sind es gewohnt in Systemen mit festen Strukturen zu arbeiten. Dies konnten wir ihm gerade nicht bieten.

Also lernten wir daraus, dass es sinnvoller ist bis zum Product-Market-Fit erstmal alles selbst zu machen. Lieber investiert man ein bisschen Zeit und lernt wie die Basics funktionieren. Dann kann man im Nachgang entscheiden, ob es tatsächlich einer neuer Mitarbeiter sein muss und vor allem, ob es sich dabei um einen “junger wilden” oder wirklich “senior erfahrenen” Mitarbeiter handeln soll - die in der Regel auch deutlich teuerer sind.

2. Dienstleister

Eine andere Geldschleuder sind alle möglichen Dienstleister, ganz beispielhaft hier z.B. PR-Agenturen. Für PR-Agenturen haben wir damals Unmengen an Geld ausgegeben, damit wir noch mehr Reichweite erzielen. Und das für einen monatlichen Pauschalbeitrag von 2.000 € für einen sog. Retainer - “dafür bring ich euch hier und da rein”. Jede zusätzliche Stunden kostete natürlich extra.

Was die meisten Dienstleister gemeinsam haben, ist dass es ihnen in aller erster Linie darauf ankommt, so viele Stunden wie möglich verrechnen zu können. Meistens bringen sie aber nicht die nötige Erfahrung mit. Ein Interesse daran, Teil des Teams zu werden haben sie auch nicht.

Daher sollte man immer hinterfragen, wie relevant die Beauftragung des Dienstleisters ist und ob es auch tatsächlich “jetzt” so relevant ist. Es geht vor allem um die Frage selbst machen oder jemanden beauftragen. Fällt die Entscheidung auf die Beauftragung, dann sprecht konkret über die Konditionen. Was soll bis wann für welchen Stundensatz erledigt werden und wie sieht das Ergebnis aus? Kann der Dienstleister hierüber keine genaue Auskunft erteilen, dann vermutlich weil er das noch nicht so oft gemacht hat. Lasst euch auch nicht von Floskeln wie “das kommt ganz darauf an..” rumkriegen.

3. Marketing

In unserer Wachstumsphase bei Lizza haben wir viel über Facebook und Instagram Marketing geworben oder auch mit Influencern zusammen gearbeitet. Angefangen hat dies mit ein paar Euro am Tag, schnell stieg es an auf 20 € am Tag und dann wurden es auch mal mehrere 100 €, bis wir schlussendlich bei 1.000 € am Tag waren. Anfangs waren die Marketingkampagnen profitabel. Wir haben mit einem Kunden mehr verdient, als er uns in der Akquise gekostet hat. Irgendwann merkten wir, dass wir nicht mehr in unserem Budget sind und überlegten wie wir nun wieder Umsatz generieren können. Also beschlossen wir uns eine neue Kampagne zu starten, was unsere Umsatzkurve deutlich zum Steigen brachte. Im Gegenzug hat sich aber auch unser Kostenblock überproportional gesteigert. Im Endergebnis war dann das Ergebnis unterm Strich noch schlechter.

Das Problem war, dass wir irgendwann an der Denkweise hängengeblieben sind unser Unternehmenswachstum über Marketingkampagnen aufzubauen und von dem Gedanken, neue bessere Produkte bzw. alte Produkte zu verbessern, weggekommen sind.

Unser Fehler war, dass wir von der Social Media Industrie zu sehr verleitet wurden. Marketing kann man nicht als Substitut für neue/bessere Produkte verstehen. Das Experimentieren um neue potente Kanäle zu finden haben wir vernachlässigt. Als wir dann anfingen bspw. in unserer Facebook-Gruppe Wettbewerbe oder Gewinnspiele zu starten konnten wir deutlich mehr Reichweite aufbauen als mit manchen Marketingkampagnen.

4. Hard & Software

Was das Thema Hard- und Software angeht haben wir ebenfalls einige Fehler gemacht. Damals haben wir uns blenden lassen von (nicht wirklich) vergleichbaren Startups, die weiter waren als wir und Profi-Tools wie z.B. Salesforce oder Microsoft Dynamics nutzten. Wir wollten ebenfalls bei den “Großen” mitspielen, auch wenn es zeitlich noch nicht für uns passte. Bei einem Gespräch mit einem Mitarbeiter von Salesforce waren wir einfach Beute. Die Vorstellung von einer perfekten Technologielandschaft hat es uns einfach angetan, so dass wir sogar bereit waren 10.000 € in entsprechende Hard- und Software zu investieren. Wenige Monate später mussten wir dann feststellen, dass für unsere “Traumlandschaft” tatsächlich noch mehr Investitionen nötig waren.

Wir haben zu viel gewollt, waren zu gierig und haben es verpasst uns mit Gründern auszutauschen, die auf gleicher Ebene wie wir waren. Grosse Softwareentscheidungen sind seriös zu prüfen, auch wenn es mal mehrere Wochen dauern kann. Es empfiehlt sich auch die quartalsweise Überprüfung der Software-Landschaft. Sind die Abonnements werthaltig? Bringen sie weiterhin Vorteile oder kann man eventuell auf das Tool verzichten?

5. Berater

In der Wachstumsphase von Lizza haben wir es versäumt, intern gute Kräfte aufzubauen, um so wiederum intern Lösungsansätze zu finden. Dazu kamen Kündigungen etc. und wir haben uns einfach zu sehr auf externe Berater mit hohen 4-stelligen Tagessätzen verlassen. Die Berater leisteten ihre Arbeit und waren danach wieder weg. Die Frage, wer nun jetzt die Arbeit weiter übernimmt, blieb allerdings offen.

Teure Onboardings und das ständige “rumlaufen” fremder Personen in unserem Unternehmen waren die Konsequenz. Beratung ist immer ein Pflaster, das eine Wunde teuer heilen kann. Allerdings erst dann, wenn man gestürzt ist. Das Ziel sollte primär sein, dass das Startup selbst läuft und man zuerst intern nach Lösungsansätzen sucht.

Learnings

Was kannst du mitnehmen als Learning für dich?

Teilweise ist es richtig schwierig und widersprüchlich die richtige Balance zu finden. In der Vergangenheit, haben wir manchmal zu wenig Geld für Fachkräfte ausgegeben und zu viel für “juniors”. Diese wiederum waren so unerfahren, dass sie einfach mehr Zeit benötigten und mehrere Anläufe bis es gepasst hat, so dass wir auch einfach eine Fachkraft hätten einstellen können. Wie man sieht kommt es hier auf ganz individuelle Umstände an.

Generell gilt, wenn der Product-Market-Fit noch nicht da ist, ist es besser sich darauf und nicht auf Agenturen oder Dienstleister zu konzentrieren. Probiert es selbst erst einmal aus, gewinnt ein Verständnis für die Situation und entscheidet dann, ob ihr das Problem intern löst (Hiring) oder ob ihr es extern auslagert. Beachtet dabei die Absprache der konkreten Konditionen (siehe oben).

Fazit

Ihr kennt nun die Top 5 Geldschleuder und wisst, wofür ihr euer Geld lieber nicht verschleudern solltet.

 

Zurück
Zurück

#50 4 Startup Launch Hacks die funktionieren

Weiter
Weiter

#48 So rechnen Investoren