#64 EXIT mit 0€? LEAVER Klausel klar erklärt

Kann man mit praktisch 0 € aus seinem eigenen Startup ausscheiden? Ja, das geht! Und zwar je nachdem, wie die sog. Leaver-Klauseln ausgelegt sind. In diesem Beitrag erkläre ich dir dazu die wichtigsten Begriffe mit Beispielen, damit du verstehst: Was ist das überhaupt? Warum gibt es das? Und was sind die Konsequenzen dieser Regelungen?

Leaver-Klauseln

Die sog. Leaver-Klauseln definieren wie hoch die Abfindung ist, wenn ein Unternehmer das Unternehmen verlässt. Es geht dabei also um eine Klausel im Bereich des Risikomanagements.

Allgemeines Beispiel

Ich möchte dies an einem konkreten Beispiel veranschaulichen:

Im Startup finden regelmäßig Situationen statt, so dass eine Finanzierungsrunde notwendig wird.
Beschließt ein Investor in einer Finanzierungsrunde 1 Mio. € in das Startup zu investieren, möchte dieser keinesfalls, dass der Gründer am Tag nach der Geldüberweisung einfach abhaut, kündigt, das Unternehmen verlässt oder Sonstiges veranstaltet, was die Investition ins Leere laufen lässt.

Um eben diese Gefahr zu vermeiden, gibt es mehrere Instrumente, die das Risiko ausbalancieren.

Und hier kommen die sog. Leaver-Klauseln (engl. leaver = verlassen) ins Spiel. Die Leaver-Klauseln regeln daher was passiert, wenn ein Gründer-Gesellschafter (in der Rolle als Geschäftsführer und Anteilseigner) das Unternehmen verlässt. Sie regeln genauer gesagt, wieviel Geld er erhält, ob er überhaupt etwas erhält und wann er es erhält etc.

Die Ausgestaltung der Leaver-Klauseln unterliegt der Privatautonomie und es herrscht daher Vertragsfreiheit. Sie können demnach frei gestaltet werden. Aus diesem Grund gibt es für die Leaver-Klauseln, keine allgemein gültige Lösung.

Wichtig im Rahmen der Leaver-Klauseln ist der Grund, weshalb das Unternehmen verlassen wird.

Dafür bedient man sich an dem amerikanischem Vorbild und hat das folgende Schema übernommen:

  • Good Leaver = “Guter Verlasser”

  • Bad Leaver = “Schlechter oder Böswilliger Verlasser”

1. Bad Leaver

Im Vertragswerk wird man öters auf die Bad Leaver-Klausel stoßen. Ein Bad Leaver wird regelmäßig als ein Gründer definiert, der das Unternehmen aufgrund schwerwiegender Verstösse verlässt oder aus einem wichtigen Grund gekündigt wird.

Konkrete Beispiele hierfür sind:

  • Kriminelle Handlungen: z.B. Vermögensdelikte, Diebstahl etc.

  • Verletzung von Vertraulichkeitsvereinbarungen: Ein Gründer verlässt das Unternehmen, weil er interne vertrauliche Informationen preisgegeben hat. 

  • Verletzung von Wettbewerbsvereinbarungen: Ein Gründer verlässt das Unternehmen, um sich mit einem Konkurrenten zusammenzuschließen oder ein ähnliches Unternehmen zu gründen, welches unmittelbar mit dem Unternehmen konkurriert.

  • Verstoß gegen ethische Standards: Ein Gründer verlässt das Unternehmen, weil er ethische oder moralische Standards verletzt hat, wie z.B. durch Diskriminierung oder sexuelle Belästigung von Mitarbeitern.

In den Leaver-Klauseln wird für den Fall des “Bad Leavers” oftmals niedergeschrieben sein, dass alle Unternehmensanteile zum Nennwert von je 1 € an das Unternehmen zurück zu verkaufen sind. Hat das Unternehmen einen Wert von 1 Mio. €, ist der Rückkauf extrem unterhalb dieses Wertes.

Die Idee dahinter ist es Unternehmer daran zu hindern, einen der o.g. Verstöße zu begehen. Denn ein gesteigerter Unternehmenswert, führt automatisch zu höheren Unternehmensanteilen.

2. Good Leaver

Das Gegenbeispiel bildet der Good Leaver. Dieser verlässt das Unternehmen aus Gründen, die auf äußeren Umständen beruhen, wie z.B. Krankheit, Tod oder Invalidität. 

In diesem Fall wird oftmals geregelt, dass der Gründer seine Anteile am Unternehmen behalten kann oder sie zu einem z.B. zum Verkehrswert an das Unternehmen oder andere Investoren verkaufen kann.

Regelmäßig ist alles was nicht unter die Definition des “Good Leaver fällt” als “Bas Leaver” anzuerkennen.

Als Unterfall gilt es deshalb zu klären, was passieren soll, wenn der Gründer einfach keine Lust mehr hat und kündigt. Hier ist das tückische, dass man eine Gesellschafterrolle nicht einfach kündigen kann. Das wissen auch die Investoren. Sie verknüpfen die Rolle des Gründers als Anteilseigner und des Geschäftsführers dennoch regelmäßig im Vertrasgwerk.

3. Middle / Grey Leaver

Aus dem o.g. Grund hat sich der sog. Middle bzw. Grey Leaver in der Praxis eingeschlichen.

Dieser wird regelmäßig wie ein Good Leaver behandelt. Der wesentliche Unterschied liegt hier in der Abfindungshöhe. Der Middle bzw. Grey Leaver verliert z.B. im Falle einer Eigenkündigung regelmäßig die Hälfte seiner Anteile.

Und was bedeutet das jetzt in der Praxis?

Als Gründer solltest du dein Geschäft wie ein ordentlicher Kaufmann führen, da du ansonsten im schlimmsten Fall einen Grossteil deiner Anteile oder den Wert davon verlieren könntest.

Bei unserem damaligen Zusammenschluss mit den Löwen Frank Thelen und Carsten Maschmeyer war das nicht anders. Uns wurde das “Standard-Vertragswerk” ausgehändigt. Wir hatten nur einen minimalen Verhandlungsspielraum und wussten eigentlich nicht so wirklich was das bedeutet. Dieser Beitrag bzw. das passende Video dazu, hätte uns sicherlich geholfen. ;-)

Fazit

Nun kannst du die Leaver-Klauseln in deinem Vertrag überprüfen und was genau, worauf du dich einlässt.

 

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